Zur Geschichte der BGM
Die Buddhistische Gesellschaft München (BGM) geht – zwar nicht in ihrer derzeitigen Rechtsform, wohl aber in ihrer Tradition – bis auf die Zeit vor dem ersten Weltkrieg zurück und dürfte damit zu den ältesten, noch bestehenden Gemeinschaften Deutschlands gehören. Bereits etwa ab 1910 fand sich in München eine Gruppe von Menschen zusammen, die Interesse an der Lehre des Buddha hatten, sie zu verbreiten suchte und sie auch ihrer persönlichen Lebensführung zugrunde legte. Trotz mehrerer zeitlicher Unterbrechungen, insbesondere durch die beiden Weltkriege, blieb die Kontinuität dieses Kreises gewahrt, seit 1963 in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins.
Die Zeit bis 1914
Es kann als sicher gelten, dass um die Jahrhundertwende auch in München die buddhistische Lehre nicht mehr nur Gegenstand indologischen Fachstudiums war, sondern bereits von einzelnen als Wegweiser für die eigene Lebenspraxis aufgefasst wurde. Voraussetzung dafür war, dass ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wesentliche Teile der buddhistischen Lehrtexte auf deutsch erschienen und damit allgemein zugänglich geworden waren. Bahnbrechend war insbesondere die Übersetzungstätigkeit von Karl Eugen Neumann. Seine Übertragung der Reden der Mittleren Sammlung kam in drei Bänden im Zeitraum von 1896 bis 1902 heraus. Kurz darauf bildeten sich in Deutschland die ersten buddhistischen Vereinigungen. Mit großen Hoffnungen auf eine rasche Verbreitung der Lehre wurde 1903 in Leipzig der ‚Buddhistische Missionsverein für Deutschland‘ gegründet. Für München ist ab 1908 ein Kreis von buddhistisch Interessierten um den Starnberger Kunstmaler Wilhelm von Megerle bezeugt. Als eigentlicher Beginn organisierten buddhistischen Lebens in München und damit als Gründungsjahr der Vorgängergruppe der heutigen Buddhistischen Gesellschaft München wird das Jahr 1910 angesehen, das Jahr, in dem der spätere langjährige Vorsitzende dieser Gesellschaft, Josef German Bauer, dem Megerle-Kreis beitrat. Im gleichen Jahr wurde sein Bruder Bartel von Nyanatiloka, dem ersten deutschen buddhistischen Mönch (seit 1904) unter dem Namen Kondanno in den Orden aufgenommen. Der dritte Bruder, Franz Joseph, folgte ihm 1914 unter dem Mönchsnamen Vimalo.
Schon vor dem ersten Weltkrieg hatte die Münchner Gruppe Verbindungen zu dem ‚Bund für buddhistisches Leben‘ aufgenommen, der in mehreren Städten Ortsgruppen unterhielt. Seine Mitglieder wollten sich nicht nur wissenschaftlich und theoretisch mit dem Buddhismus befassen, sondern die buddhistische Lehre und Ethik auch im persönlichen Leben verwirklichen. Viele waren der Überzeugung, dass die Möglichkeit dazu nur im Mönchsorden gegeben war. Neben anderen versuchte daher auch Josef German Bauer seinen Brüdern nach Ceylon zu folgen, wo unter Nyantilokas Leitung eine kleine klösterliche Niederlassung auf der Insel Polgasduwa im Ratgama-See (Island-Hermitage) entstanden war. Er hatte bereits sein Gepäck auf das Schiff im Hafen von Triest gebracht, das ihn nach Ostasien bringen sollte, als der erste Weltkrieg ausbrach. Statt das ersehnte friedvolle Leben im Kloster zu finden, wurde er gezwungen, vier Jahre lang an dem mörderischen Geschehen in Frankreich als Soldat teilzunehmen, mehrmals Verwundungen erleidend.
Die Jahre zwischen 1914 und 1945
Der erste Weltkrieg hatte auch das vorläufige Ende für die Klostersiedlung in Polgasduwa gebracht. Die deutschen Mönche wurden des Landes verwiesen und in Australien interniert. Einigen, darunter auch Bartel und Franz Joseph Bauer, gelang es noch während des Krieges nach Deutschland zurückzukommen. Nach dem Krieg übernahm Franz Joseph Bauer die Leitung der jetzt als örtliche Gliederung des ‚Bundes für buddhistisches Leben‘ geführten Gruppe. Einen großen Aufschwung brachte der zu dieser Zeit erfolgende Zuzug buddhistischer Verleger (Oskar Schloß, Ferdinand Schwab). Im Benares-Verlag von Schloß wurde die 1913 begründete, während des Krieges eingestellte ‚Zeitschrift für Buddhismus‘ wieder herausgegeben, deren Schriftleitung ab 1921 der Indologe Prof. Wilhelm Geiger übernahm. Sie erschien bis 1931. Von 1922 bis 1927 gab es noch eine weitere Zeitschrift: ‚Der Pfad‘. In ihr stand der persönliche Heilsweg im Vordergrund, während die ‚Zeitschrift für Buddhismus‘ sich mehr an den wissenschaftlich Interessierten wandte.
Im Juni 1921 vereinigte sich der ‚Bund für buddhistisches Leben‘ mit dem deutschen Zweig der Mahabodhi-Gesellschaft, einer in Kalkutta gegründeten Organisation, die die Kenntnis und Ausbreitung des Buddhismus zu fördern versucht. Sitz der vereinigten Gesellschaft – und damit neues Zentrum der buddhistischen Aktivitäten in Deutschland – wurde München, das so die Nachfolge der vor dem Krieg auf diesem Gebiet maßgeblichen mitteldeutschen Städte (v.a Breslau, Leipzig und Halle) antrat.
In der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre trat eine Krise ein. Die Münchner Gruppe trennte sich von den nicht ernsthaft Interessierten und beschränkte sich unter der Bezeichnung ‚Buddhistische Gemeinde München‘ auf den Münchner Bereich. Den Vorsitz führte Wilhelm von Megerle. Zu den verbliebenen Mitgliedern gehörten die Brüder Bauer und Oskar Schloß.
Die Betätigungsmöglichkeiten während der Zeit des Nationalsozialismus waren sehr eingeschränkt. Während des Krieges waren nur wenige Treffen möglich. Neben anderen wurde auch Josef German Bauer erneut zum Kriegsdienst einberufen.
Seit 1945
Nach Rückkehr aus Krieg und Gefangenschaft sammelten sich die verbliebenen Münchner Buddhisten erneut. Erste Vortragsveranstaltungen fanden 1947 statt. Die offizielle Neubelebung der Buddhistischen Gemeinde München erfolgte im Januar 1948 unter der Leitung von Dr. Ritter von Meng und Josef German Bauer. Ein Jahr später wurde sie erneut von der jetzt in Colombo befindlichen Zentrale der Mahabodhi-Gesellschaft als deutsche Zweigstelle anerkannt und versuchte als solche, für ganz Westdeutschland zu wirken.
Im Januar 1949 wurden die ‚Buddhistischen Monatshefte‘ erstmals herausgegeben, ab dem 3. Jahrgang mit dem Obertitel ‚Indische Welt‘. Sie erschienen bis 1953. In den sechziger Jahren gab es ein einfaches Mitteilungsblatt, das seine Fortsetzung in erweiterter Form in den ‚Mitteilungen der Buddhistischen Gesellschaft München‘ während der Jahre 1987 bis 1990 fand.
Nachdem sich gezeigt hatte, dass die Anlehnung an eine ausländische Organisation für eine Einigung der deutschen Buddhisten nicht günstig war, wurde 1952 der ‚Deutsche Zweig der Mahabodhi-Gesellschaft‘ in die ‚Buddhistische Gemeinde Deutschland‘ mit Sitz in München umgewandelt. Die immer stärker hervortretende Eigenentwicklung der örtlichen Gemeinschaften ließ jedoch die Idee einer (Basis-)Gesamtgemeinde bald zu Utopie werden. Im September 1955 gründeten daher die Vertreter der verschiedenen Gemeinden und Kreise Westdeutschlands die Deutsche Buddhistische Gesellschaft (seit 1958 Deutsche Buddhistische Union) als gemeinsame Dachorganisation mit Dr. Ritter von Meng als Vorsitzendem und Josef German Bauer als Geschäftsführer. Von den gleichen Personen wurde nunmehr die Buddhistische Gemeinde München als eigenständige, dem Dachverband angeschlossene Gemeinschaft fortgeführt. Am 15.03.1963 wurde sie unter der Bezeichnung ‚Buddhistische Gesellschaft München e.V.‘ in das Vereinsregister eingetragen.
2016 wurde auf der Jahreshauptversammlung beschlossen aus der DBU auszutreten, da die Zielsetzungen und das Lehrverständnis als nicht mehr miteinander vereinbar angesehen wurden.
Wenn sich die Rechtsformen – teils private Vereinigung, teils Gesellschaft oder Verein i.S. des BGB – und der Tätigkeitsbereich – zeitweise beschränkt auf München, zeitweise für ganz Deutschland wirkend – seit 1910 mehrmals gewandelt haben, blieb die Kontinuität des Kreises über diese lange Zeit hin gewahrt, was insbesondere durch die immer gleichen, maßgebend in ihm wirkenden Personen, v.a. die Brüder Bauer (Josef German Bauer war letztmals von 1969 bis 1972 Vorsitzender der Gesellschaft), gewährleistet war.
Durch den „frischen Wind“ der aus Asien und den USA stammenden Einflüsse der Vipassana-Bewegung und dem intensiveren Austausch mit Klöstern in Asien durchlief die BGM unter ihren wechselnden Vorständen verschiedene Phasen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Der Einsatz für die Gründung eines Mönchs- und eines Nonnenklosters, sowie die Gründung des Dhamma-Dana Projekts ist hier besonders hervorzuheben. Die letzten Jahre hat sich die BGM vor allem mit der Vermittlung der rechten Ansicht im Sinne eines Suttenbuddhismus einen guten Ruf erworben.
Es dürfte kaum eine andere Gruppe geben, die eine derart lange und für die Entwicklung des deutschen Buddhismus so bedeutungsvolle Tradition hat.